Erst wollte mich Bolivien nicht haben. Kurz vor dem Grenzübertritt bekam ich einen Busanschluss nicht, das hieß, eine weitere Nacht in Peru. Dort erlitt ich dann wieder vom Billigessen auf dem Markt eine halbe Vergiftung, die mit Fieber, Erbrechen und heftigem Durchfall einherging, was noch eine Nacht ausmachte.
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Ein letztes Mal Titcacasee, jetzt schon in Bolivien. |
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Auf solchen Seelenverkäufern werden Busse übergesetzt. |
Als ich dann doch gut über die Grenze kam, war ich erschrocken, was mir in La Paz angeboten wurde. Die Hauptstadt Boliviens liegt wunderschön in einem Talkessel umgeben von Fünf- und Sechstausendern. Sie sieht mit zahlreichen Hochhäusern von weitem weltstädtisch aus. In den Strassen und Gassen der Stadt sieht man aber bitterste Armut. Viele bettelnde Menschen wechseln sich mit Frauen ab, die rund um die Uhr etwas verkaufen wollen, aber noch zwei kleine Kinder auf dem Schoß haben. Auch alte Großmütter sieht man häufig verkaufend an der Strasse sitzen und versteckt in einem Bündel ein Baby dazu. Ich lief durch die Straßen und wurde Stunde um Stunde deprimierter. Seit 200 Jahren ist das Land "unabhängig". Warum geht es den Menschen hier so schlecht? Ich kann jetzt mehr verstehen, warum Boliviens erster indigener Präsident Evo Morales bei UN-Tagungen immer fast peinlich anklagend gegenüber den USA und der internationalen Weltpolitik auftritt.
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armseliges Großstadtflair |
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Die höchst gelegene Hauptstadt der Welt - nichts für Kurzatmige |
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Alte Busse zieren das Stadtbild |
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Gleich eine Demo für höhere Löhne,
wobei sich Che und Pepsi heutzutage nicht mehr ausschließen |
Ich hatte aber auch etwas Ablenkung in La Paz. Es fand gerade ein Qualifikationsspiel zur Fussball-WM statt - Bolivien gegen Venezuela. Das wunderschön von Bergen umgebene Stadion war leider nur halb voll, weil die Eintrittskarte für den normalen Fan sehr teuer war, wie mir Stadionbesucher berichteten. Ich konnte einen toll heraus gespielten 4:2-Sieg der heimischen Mannschaft miterleben, wobei ich von den etwas unterkühlten bolivianischen Fans leicht enttäuscht war. Ich hatte mir mehr südamerikanische Leidenschaft gewünscht. Um so lauter ließ ich dafür die Sonntagsche Fussball-Leidenschaft hörbar werden...
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Das Spiel beginnt... |
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... im herrlich gelegenen Stadion... |
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... mit etwas unterkühlten Fans. |
Dann plante ich einen weiteren Aufenthalt im Regenwald in Boliviens schönstem Nationalpark Maditi. Leider hatte inzwischen die Regenzeit im dortigen Gebiet begonnen. Ich hatte im Fernsehen die überfluteten Straßen gesehen und musste damit rechnen, dass aus den 18 Stunden Busfahrt leicht auch fünf Tage werden können. Deshalb fuhr ich lieber die einzige ganzjährig befahrbare Straße in das Einzugsgebiet des Amazonas. Es war faszinierend von 4000 m Höhe bis fast auf Null hinunter zu fahren und dabei zahlreiche unterschiedliche Klima- und Ökosystemzonen zu beobachten.
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Fahrt aus wolkigen Andenhöhen... |
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...bis ins Tiefland des Amazonas-Einzugsgebiets |
Im Dschungel habe ich dann das große Glück, zufällig auf einen Mann zu treffen, der mich tief beeindruckt und dessen Gast ich kurze Zeit sein darf: Sepp Mitterer. Er hatte sich vor 25 Jahren entschieden, nicht den Hof seines Vaters am Chiemsee zu übernehmen, sondern in Bolivien ein abenteurlicheres Leben zu führen mit einem 50 ha großen Stück Wald, was er kaufte und seitdem nachhaltig bewirtschaftet. Er hat den Urwald mit zahlreichen Früchte tragenden Bäumen unterpflanzt, die er als Nahrungsquelle nutzt. Sein höchstes Anliegen besteht darin, den Wald zu schützen und im Einklang mit ihm zu leben. Er kennt jede Pflanze, jedes Tier und weiß zu jedem Phänomen eine interessante Geschichte zu erzählen. Er ist aber keineswegs ein idealistischer Spinner. Er ist Realist durch und durch. Er erinnert mich ganz stark an meinen leider viel zu früh verstorbenen Schwiegervater.
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Sepp in seinem Element: er erklärt.... |
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...seinen schier undurchdringlichen Dschungel. |
Sepp macht alles weitestgehend selbst. Er hat sich nach einem Holzhaus, in dem er lange lebte, endlich ein Steinhaus gebaut, wo Schlangen und Taranteln nicht mehr so einfach Zutritt haben. Er stellt selbst seinen Kaffee her, seine Schokolade aus den Kakaobohnen, seine Früchte holt er ohne Leiter von jedem Baum und er repariert seinen Uraltjeep, der ihn gerade noch so ins Dorf bringt, selbst. Beim Losfahren muss erst Luft aufgepumpt werden, die Colaflasche, die als Tank dient, mit Diesel gefüllt werden und dann geht es los. Es erinnert mich genauso an die alten Zeiten in der DDR. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist derzeit der Kampf gegen die Wilderer. In seiner Kommune sind das die ganz normalen Leute, die wegen der Aussicht auf etwas zusätzliches Geld in der Nacht auf Jagd gehen.
Was mir Sepp alles erzählt, lässt Bolivien in einem ganz neuen Licht erscheinen. Er kann kritisieren, weil er seit vielen Jahren mit den Leuten zusammen lebt, im Gemeinderat tätig ist, jeden kennt und auch von jedem freundlich gegrüßt wird. Sepp ist der Meinung, dass die Leute hier im Kopf einfach noch zwei Jahrhunderte früher leben, aber leider die heutige Technologie besitzen. Sie fahren mit ihren billigen chinesischen Motorrädern einfach tief hinein in den Wald und knallen alles ab, was vor die gut funktionierende Flinte kommt. Er zeigt mir dabei sichergestellte Selbstschußwaffen, die natürlich auch einen Menschen schwer verletzen können.
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Eine Selbstschußwaffe, die in Oberschenkelhöhe... |
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...justiert und dann einfach in den Wald gestellt wird. |
Einen Gemeinsinn gibt es noch nicht. Gegenseitige Hilfe ist ein Fremdwort, es sei denn die Hilfe wird bezahlt. Sich für die Allgemeinheit einsetzen, dieser Gedanke existiert einfach nicht. Deshalb würden auch so viele Hilfsprojekte nach einigen Jahren Selbstverwaltung sich einfach im Nichts auflösen. Sie gehen kaputt und die materiellen Werte vergammeln einfach.
Wald schützen, vielleicht solche Arten zu pflanzen, die nach 30 Jahren einen hohen Gewinn verzeichnen und somit eine Altersvorsorge sind, das kommt einem Boliviano nicht in den Kopf. Wenn er Geld braucht, fackelt er seinen Wald ab und pflanzt Trockenreis, der für ein oder zwei Jahre gute Kasse verspricht. Dass beim Abbrennen Nachbargrundstücke in Mitleidenschaft gezogen werden, ist nicht so schlimm. Der Nachbar kann doch auch gleich etwas Reis anpflanzen. Bei diesen Worten besuchen wir einen Bauern, der vor ein paar Tagen gerade sein Waldgrundstück abgebrannt hat.
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Nach der Brandrodung |
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Sepp läßt sich aber die gute Laune nicht verderben |
Kinder werden nicht erzogen, die erziehen sich von selbst, meint Sepp über die Bolivianos. Sie können machen, was sie wollen, es wird nicht geschimpft. Erziehung zu Gemeinsinn, zu Rücksichtnahme, zu Respekt findet kaum statt. Deshalb auch der unsagbar viele Müll auf der Straße. Und: ab 15 sind dann die Mädchen erwachsen und zählen sozusagen als "Freiwild". Deshalb findet man die vielen jungen Mütter mit Kindern, die ich ebenfalls gesehen hatte.
Bei jedem anderen hätte ich diesen Erzählungen mit großer Skepsis zugehört. Sepp konnte ich es gut abnehmen. Er hatte nämlich ein ganz weites Herz für "seine" Bolivianos.
Wenn er einen seiner wildernden Nachbarn stellt, lässt er ihn normalerweise nach vielen Ermahnungen und Erklärungen laufen. Er hofft auf einen langsamen Erziehungserfolg. Der Polizei zu übergeben, hätte auch wenig Sinn, meint er. Die Polizei, bei der er auch ein Jahr gearbeitet hat, wäre der korrupteste Haufen, den es überhaupt in Bolivien gibt. Man müsste den Täter mindestens bis ins Gefängnis begleiten und überall noch kräftig schmieren. Wer mehr zahlt, wird von der Polizei bevorzugt.
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Kleinod im immergrünen Regenwald |
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Abends bekommt Sepp häufig Besuch. |
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Sein Papagei fliegt tagsüber ins Dorf und schimpft,
wenn Sepp ihn am Abend zu spät abholt. |
Als er das erzählt, fahren wir gerade an einem mit Melonen beladenen uralten Lastwagen vorbei, der liegen geblieben ist. Sepp sagt, dass er schon drei Tage hier steht, er selbst hatte schon versucht ihn abzuschleppen, was mit seinem alten Jeep aber nicht funktionierte. Die Werkstätten im Ort weigerten sich mit rauszukommen und nach der Ursache zu schauen. Die Leute liegen unter einem Deckenzelt und hoffen, dass am nächsten Tag Verwandte von weit her kommen und ihnen helfen. Sepp kauft in der Stadt zwei Hühnchen und bringt sie den Leuten, natürlich nicht ohne klipp und klar zu sagen: seht ihr, wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu helfen.
Ich bin sprachlos und verstehe die Welt nicht mehr. Wie hältst du es hier aus, frage ich Sepp. Er lacht und strahlt, was sein Markenzeichen ist. Ich bin glücklich hier, meint er, ich kann das leben, was ich schon immer wollte, ich bin und bleibe ein Kämpfer, eben ein bayrischer Dickschädel. Mich haut so schnell nichts um. Und irgendwann werden es die Bolivianos schon noch begreifen. Das ist begnadeter realistischer Idealismus, der bei mir im Verlauf des Lebens im satten Europa auf der Strecke geblieben ist.
Inzwischen bin ich aus dem Tiefland wieder aufgetaucht. Tiere habe ich wie schon in Costa Rica im hier noch stärker zugewachsenen Regenwald kaum gesehen, mich aber an der "grünen Hölle" wenigstens visuell erfreut. Und: die vielen Erzählungen von Sepp gehen mir noch mächtig durch den Kopf. Es grüßt wie immer HW