Samstag, 14. November 2015

Abschied von Peru - Colca-Canyon und ein Geständnis

Nach dem Chachani stand noch der Colca-Canyon auf dem Programm. Er ist deutlich tiefer als der Grand Canyon in den USA, weil die umgebenden Gipfel über 5000 m hoch sind und der Fluss auf etwa 2000 m fließt. Zwei Tage bin ich allein durch den Canyon gewandert, wieder etwas abseits der Touristenpfade und ich hatte erstmals das Gefühl, es ware schön, jetzt jemanden dabei zu haben mit dem ich das Gesehene teilen kann.
Reinwandern in den Canyon
Zauberhafte Unterkunft
Zur Entspannung 39°C warme Quellen
Ohne Strom - mit Kerze am Bett
Rauswandern - insgesamt weit über 3000 Höhenmeter
Im Colca-Canyon gibt es eine große Kondorpopulation. Diese größten Vögel der Welt wollte ich unbedingt sehen. Sie sind aber sehr eigenwillig, was ihre Beobachtung betrifft. Hatte ich am Tag vorher noch Leute getroffen, die ca. 15 Exemplare auf einmal gesehen hatten, so zeigte sich bei mir kein einziger. Jeweils an zwei Tagen versuchte ich ganz früh morgens, den ganzen Tag über, aber auch am Abend irgendeinen zu entdecken. Obwohl bestes Wetter war: Fehlanzeige. Als ich ein wenig traurig aus dem Canyon heraus wanderte, drehte plötzlich ein einzelner für mich eine kurze fünfminütige Ehrenrunde. Er kam aus dem Fels, schwebte hoch erhaben und stolz über meinem Kopf ohne einen einzigen Flügelschlag zu tun und lies sich wieder zu seinem Ausgangspunkt gleiten. Danke, lieber Kondor, das war echt nett von dir....
Da ist mein Freund - leider trotz Tele sehr weit weg
Was bleibt von Peru in Erinnerung?
Die Städte sind eigentlich ziemlich häßlich, weil die Häuser aus steuerlichen Gründen nicht fertig gebaut werden. Ausnahmen bilden nur die herausgeputzten Stadtzentren. Mitunter hausen die Leute vor allem im ländlichen Gebiet in richtig gehenden Hütten. Der Verkehr ist katastrophal. Es scheint das Recht des Stärkern zu herrschen.

Blick aus einem Hotelfenster
vorn Peru, hinten ein besseres Hotel
Hier wohnen wirklich Menschen
Auf dem Land sieht man viele im Fluss ihre Wäsche waschen.
Jede Familie scheint einen Hund zu haben. Da es sicher keine Kastrationen gibt, laufen in jeder Siedlung zahlreiche streunende Hunde herum. Sie ernähren sich hauptsächlich von herum liegenden Müllhaufen, weil dort in der Regel Essensreste zu finden sind. In Cusco habe ich einmal etwa 20 Hunde in einer Gruppe am frühen Morgen über den Hauptplatz der Stadt rennen sehen, leider konnte ich sie nicht so schnell fotografieren.
Hundestaffel beim Chillen
Nachwuchssorgen gibt es nicht
Typisch für jede Stadt ist der Straßenverkauf. Hier sieht man häufig alte Leute, aber auch junge Mütter mit Babys auf dem Schoß vor einem Verkaufsstand sitzen. Meist langweilen sie sich, weil niemand etwas kauft. Wahrscheinlich kann ein erträglicher Umsatz nur durch die Länge des Sitzens gemacht werden. Sie bauen ihre Stände sehr früh am Morgen auf und sitzen nach dem Dunkelwerden immer noch. Mitunter habe ich abends 23 Uhr noch Leute sitzen gesehen. Das berührt einen schon. Bettler sieht man auch, aber relativ wenige, meist sind es ganz alte Leute oder Behinderte. Kinder dagegen sieht man nie betteln.
Standaufbau am frühen Morgen
Angebaut und gegessen werden viele kohlenhydratreiche Nahrungsmittel, in erster Linie Kartoffel und Mais, aber auch viel Reis und Quinoa. Die Grundnahrungsmittel sich sehr billig und die Peruaner essen sehr viel. Deshalb sind die meisten auch nicht gerade dünn. Fast überall gibt es Menüs mit Suppe als Vorspeise und einem Kartoffel/Nudel/Reis-Gericht mit Hühnchen dazu, was meist nicht mal 2 EUR kostet. Das wird häufig gegessen und auch ich habe an den unzähligen Straßenständen regelmäßig davon Gebrauch gemacht.
Einfaches Gericht auf dem Land:
Kartoffeln, ein Wurzelgemüse und gebackener Käse
Es kann aber auch ganz anders gehen. Als Tourist kannst du erstklassig reisen. Es gibt in jeder größeren Stadt gute Hotels und Restaurants, wo  deutlich billiger als in Europa ausgezeichnet gelebt werden kann. Die Hotels sind sicher und sauber. Ungeziefer habe ich nie gesehen, selbst in den einfachen Hotels, in denen die Peruaner und ich verkehrt haben.
Am meisten in Erinnerung werden aber neben der grandiosen Landschaft, über die ich häufig berichtet habe, die Gesichter der Menschen bleiben, die so eindrücklich waren. Gern hätte ich euch noch ein paar ganz alte Leute gezeigt, die wollen aber einfach nicht fotografiert werden. Das habe ich natürlich respektiert. Die Kinder dagegen haben sich immer gefreut, wenn sie abgelichtet wurden.




Und es folgt noch ein Geständnis. Ja, ich habe es getan. Lange habe ich gezögert, aber am letzten Abend in Peru war es soweit. Ich hatte noch Geld übrig und musste es irgendwie ausgeben. Da ließ ich es mir servieren: das Meerschweinchen. Es braucht jetzt aber niemand Angst zu haben, dass ich in Deutschland die Kinderzimmer meiner Verwandtschaft für Nachschub durchstöbern werde, es schmeckte einfach nur durchschnittlich, am besten vergleichbar mit trockenem Hase. Fleisch war nicht viel dran, aber das kleine Hinterbeinchen wusste schon zu gefallen...
So sieht es aus das Nationalgericht Perus
Ein Vierteljahr ist seit meinem Start vergangen. Es geht mir immer noch sehr gut. Ich habe noch keinen Tag bereut und kann frohen Herzens sagen, es war bisher eine richtige Entscheidung, diese Reise in Angriff zu nehmen. Adios Peru, auf gehts nach Bolivien und Ende des Monats werde ich hoffentlich wieder eine Begleitung haben. Darauf freue ich mich. Wie immer beste Grüße HW

10 Kommentare:

  1. Ein wenig spüre ich aus deinen Schilderungen Anzeichen von Einsamkeit, aber denk dran: you neuer walk alone!!! In Gedanken immer mit Dir auf deiner spannenden Reise! Dein bruderherz

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  2. Danke, mein Lieber, das freut mich sehr. Bist ein wirklich feiner Bruder. Stimmt, bin gerade etwas in eigenartiger Stimmung, vor allem auch seit ich in Bolivien bin und die vielen entsetzlich armen Menschen sehe, das schlägt wirklich aufs Gemüt.... Lieben Gruß zurück HW

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  3. in einigen monaten heißt es dann: leute nehmt karnickel, hunde, katzen und schildkröten rein, der weltreisende kommt gleich von arbeit heim. :-)
    ich tät dich ja gerne begleiten, aber das ist mir in mehrfacher hinsicht zu sportlich. pass weiter gut auf den hans-werner auf!......obwohl, das machst du ja schon. und gefährlicher als in europistan ist es dorten letztlich auch nicht....

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    1. Da hast du recht, ich hatte noch nie eine gefährliche Situation und die Jacke hat man mir in den USA geklaut.....

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  4. Hallo Papa,
    wunderschöne Portraits machst du!! Sieht ja richtig professionell aus :)
    Bist du denn nun mit dem Flugzeug oder dem Bus nach Bolivien in den Dschungel?
    Pass auf dich auf!!

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    1. Bin mit dem Bus gefahren, aber in eine andere Gegend, wo es noch nicht so regnet..... Die Porträts werden mit dem neuen Fotoapparat von ganz alleine gut. Lieben Gruß Papa

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  5. Wie viele Meerschweinchen muss man denn essen, um satt zu werden? Werden die extra dafür gezüchtet? Etwa so wie bei uns Hühnchen?

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    1. Nein, ich glaube nicht, dass die extra gezüchtet werden, es gibt sie relativ selten und meistens nur in guten Restaurants. Na ja, zwei, drei könnte man schon verkraften, aber es gibt ja immer noch kräftige "Sättigungsbeilagen"

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    2. Irgendwo im Heiligen Tal der Inka (Urubamba-Tal) habe ich sie zusammen mit Pellkartoffeln auf dem Grill schmoren sehen. Bin ich nicht drangegangen, nicht des Tieres wegen, sondern mangels Hygiene (Fliegen). Woanders sah ich einen größeren Stall mit ca. 30 oder mehr Exemplaren. Wird schon lukrativ sein, die zu züchten / feilzubieten / zuzubereiten.
      Thomas W.

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    3. In Fernost oder Indien gibt's halt Ratten, Taranteln etc. Eigentlich ganz normal, wenn der Mensch nichts Vergleichbares an Nahrungsstoffen bekommt und die Not groß ist. Die Industrieländerleute rümpfen nur die Nase, kennen keine existenzielle Armut.
      Thomas W.

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