Dienstag, 29. September 2015

Uvita - Wale am Regenwald

Ganz langsam wallen die Wolken von den naheliegenden üppig mit Wald bewachsenen Hügeln gen Tal. Sie werden heute etwas eher den täglichen Regen bringen. Die Schwüle ist fast unerträglich. Ein langsamer Spaziergang vorbei an der farbenprächtigen Blütenpracht mit etwas Nahrungsnachschub im Rucksack aus dem Dorf zurück in mein Hostel hat mir ein triefnasses T-Shirt beschert, was man kaum vom Körper herunterziehen kann. Auch wenn es nach Anstrengung klingt, ich empfinde es gerade als unheimlich entspannend und schön.
Prachtvolle Blüten....
...in unterschiedlichsten Formen...
....und Farben
Ich bin noch etwas weiter nach Süden, den Pazifik entlang, gezogen. Ich hatte Sören kennengelernt, einen Biologiestudenten aus Frankfurt. Da ihn gerade seine Freundin verlassen hatte, bot es sich an, ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen. Er hatte mir vom Ballena-Nationalpark erzählt, wo man fast ganzjährig Wale beobachten könnte, weil bei den Buckelwalen sowohl Nordpolar- als auch Südpolarpopulationen ihre Jungtiere vor den Küsten Costa Ricas großziehen würden.
Mit Sören auf Expedition
Wir bekamen die Tiere tatsächlich zu Gesicht. Eine Vier-Stunden-Tour mit einem kleinen Boot brachte uns ganz nahe an zahlreiche Exemplare heran. Große Sprünge vollführten sie nicht. Aber immer wieder tauchten für kurze Zeit die schier unendlich langen Rücken aus dem Wasser auf, ganz in der Nähe des Bootes. Es war bewegend, diese Riesen der Meere mit eigenen Augen zu sehen.
Ein mächtiger Buckelwalrücken, gleich neben dem Boot
Auch Delphine konnten wir springen und gleiten sehen, die in dieser Region wohl mit 23 verschiedenen Arten vertreten sein sollen. Die einzelnen Boote, die diese Touren anboten, verhielten sich aus meiner Sicht sehr rücksichtsvoll. Wenn in der Ferne Walrücken auftauchten, wurde langsam heran gefahren, der Motor ausgestellt und dann hieß es, geduldig zu warten. Für ein gutes Foto ist so eine Situation eine schiere Überforderung. Der Wal tauchte immer dort auf, wo du es nicht erwartet hattest, am Ende verlor man die Lust und freute sich lieber am bloßen Anschauen.

Nach dieser Tour rächte sich Montezuma an mir. Ein, zwei Tage ging es mir schlecht, jedoch ohne dass ich das Bett hüten mußte. Vielleicht hatten ja die Cholera- und Thyphus-Impfungen wenistens für eine Milderung gesorgt. Aber ich merkte auch, wie gut mir die Ruhe tat. Seit dem habe ich das herrliche Hostel hier in Uvita nur noch für einzelne Spaziergänge hoch in den Regenwald, zum täglichen Bad im naheliegenden Wasserfall oder zum Einkauf verlassen. Es wird von einer jungen deutschen Familie betrieben mit - lacht bitte nicht - deutscher Ordnung und Gründlichkeit. Wer sich mit Hostels auskennt, weiß, wie sehr man eine saubere Küche schätzen kann, in der alle Kochuntensilien ordnungsgemäß und griffbereit vorhanden sind, wo täglich geputzt wird und wo es sogar eine richtige Nachtruhe gibt, die auch für 8 Stunden eingehalten wird. Dazu ist das ganze Haus stilvoll gestaltet, wird ökologisch betrieben und ist ganz naturnah eingerichtet.
"Mein" schönes Hostel
"Mein" Wasserfall für das tägliche erfrischende Bad
Ein herrlicher "Regenwaldgarten" sorgt dafür, dass die Affen bis an die Terasse kommen, ohne dass sie gefüttert werden, im Garten leben große Echsen und es fliegen handtellergroße bunte Schmetterlinge umher.
Gammelnder Affe - so komme ich mir auch gerade vor
Nur die Schlangen sind aus Sicht der Betreiber etwas anstrengend. Es ist vorgekommen, dass im Keller eine große Boa lag und auf die Katze wartete, in einem Zimmer, was lange nicht vermietet war, fielen plötzlich zwei Boas von der Decke, als neue Leute einzogen und selbst tödlich-giftige Exemplare wurden schon im Garten entdeckt. Das ist dann der Preis für naturnahe Ursprünglichkeit. Also leuchte ich abends, wenn ich in mein Zimmer gehe, erstmal unter alle Betten, ob sich vielleicht so ein "Vieh" bei mir verkrochen haben könnte, dann schlafe ich aber friedlich, weil mir nochmals bestätigt wurde, was ich eigentlich schon wußte: großen "Wärmebatzen" gehen Schlangen immer aus dem Wege.
Die Schmetterlinge fliegen rastlos, nie setzt sich einer zum Foto,
nur dieser kleine war so freundlich.
Seitdem genieße ich also das Leben, erfreue mich an der herrlichen Flora und Fauna und habe den Besuch der zahlreichen anderen Sehenswürdigkeiten des Landes auf Eis gelegt. Es gibt so unglaublich viele fremdartige und farbenfreudige Blütenpflanzen und immer wieder findet man ein neues "Krabbeltier", was exotisch aussieht. Die Ticos leben sehr gelassen. Ein Stück will ich von ihnen lernen. - Inzwischen gießt es auch in Strömen und die Luft wird endlich etwas kühler.
Die Pracht....
....und die Vielfalt....
...scheinen kein Ende zu haben.
P.S.: Die Grundschule hier im Ort habe ich noch besucht. Ein kurzes: "Me llamo Hans. Yo soy un professora de Alemania. Puedo mirar tu escuela, por favor?" (richtig Maria?) öffnete mir sofort alle Türen und ich wurde herumgeführt. Klassen mit 20 Schülern, 10  Lehrern, täglich warmes Essen, kein echtes Haus, sondern offene Wände, altes Mobiliar, keine Turnhalle, aber fröhliche Kinder und entspannte Lehrer, das war in etwa das, was ich zu sehen und hören bekam, so weit ich es mit meinem dilettantischen Spanisch verstehen konnte.
Ein paar Erstklässler....
So kann ein Lehrerzimmer auch aussehen, liebe Kollegen...
Der Hostelbetreiber erzählte aber auch von ausstehenden Lohnzahlungen für die Lehrer von manchmal bis zu 6 Monaten und dementsprechende Arbeitsniederlegungen - das ist dann die Kehrseite.
Wo wir nun einmal beim Thema sind: arbeitet alle schön weiter
- ich genieße das Leben! Beste Grüße aus dem Regenwald Costa Ricas.
Wem die öffentliche Kommentarfunktion nicht so richtig gefällt, ich freue mich auch über Grüße per Mail (hwsonntag@web.de).

9 Kommentare:

  1. Wir arbeiten tatsächlich weiter ,sind aber tierisch neidisch auf deine Wal Erlebnisse. LG fried

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Schön, dass wir gerade mal telefoniert haben, auch wenn es am Ende wieder so kam, wie es kommen musste. Aber Borussia-Fans sind leidensfähig....

      Löschen
    2. Friedmar Sonntag3. Oktober 2015 um 17:31

      Sieg!!!!!!Gladbach LG fried

      Löschen
  2. Na das Lehrerzimmer und die entspannten und fröhlichen Lehrer erinnern mich doch stark an meine Schule.... ; (
    ich wüsste sofort ein paar Namen, die ich zur Entspannung mal zur dir in den Regenwald schicken könnte. Viel Spaß und gute Erholung wünscht dir Steffen
    P.S. meine Handballjungs sind gut in die Saison gestartet. Für ein Testspiel würden wir auch auf Einladung in den Regenwald kommen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Na denn, immer her mit den Kollegen, nehme alle mit, sagen wir lieber, fast alle;-) Hier spielen die Kinder übrigens überraschenderweise viel Fußball, hätte ich gar nicht gedacht, bei der Nähe zu den Staaten....

      Löschen
  3. mensch hast du's gut. migrantierst mit montezuma um die halbe welt rum, während wir hier die halbe welt bewillkommensfähnchenwedeln und latenznazischützende polizeier mit eiern bewerfen müssen....

    AntwortenLöschen
  4. Wen auch immer Frau Meier mit Eiern bewerfen will, tiefergehende politische Diskurse machen wir lieber per Mail....

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gibt es leider nicht mehr im emanzipierten Deutschland, sonst müsstest du ja auch Herrlein sagen...
      In Lateinamerika wird Señora und Senorita sehr wohl unterschieden. Musste ich kürzlich lernen.

      Löschen